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Wahlkampf
Wechselbeziehungen im Dreiländereck

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Porschegemeinde Weissach (oben): Bei der Bundestagswahl stimmt die Kommune aus dem Kreis Böblingen in Ludwigsburg mit. Die Strohgäubahn erreicht Weissach aus Kostengründen allerdings nicht mehr. Fotos: Holm Wolschendorf, Marijan Murat/dpa
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Wenn am Sonntag gewählt wird, gehört Weissach zu Ludwigsburg – Auf der Schiene klappt die kreisübergreifende Zusammenarbeit dagegen nicht mehr

Strohgäu. Seit fünf Jahren ist die Strohgäubahn nur noch in der XXS-Variante unterwegs. Zwischen dem Korntaler Bahnhof und dem Endhaltepunkt in Hemmingen legt sie weniger als 20 Kilometer zurück. Dabei sollten die runderneuerten Züge in diesem Jahr noch den Ditzinger Ortsteil Heimerdingen erreichen. Dass daraus nichts wird, musste das Landratsamt allerdings während der Sommerferien einräumen (wir berichteten). Der Grund: Probleme mit der neuen Leit- und Sicherungstechnik.

Rund 50 Millionen Euro buttern der Kreis Ludwigsburg und die Anlieger Korntal-Münchingen, Schwieberdingen, Hemmingen und Ditzingen in die Modernisierung der Strohgäubahn. Der politische Preis für das Vorhaben: ein schlechterer Fahrplan. „Das haben wir Fahrgäste immer als absurd empfunden“, sagt Ulrich Volkmer. Der Münchinger ist Stammfahrgast und hat für die Ludwigsburger Geschichtsblätter einen langen Aufsatz über die Strohgäubahn verfasst.

Von 1996 bis zum 8. Dezember 2012 hielten die Züge nicht nur im Strohgäu, sondern auch in Feuerbach, Zuffenhausen und der Porschegemeinde Weissach im Kreis Böblingen. Doch bereits während der Nullerjahre ließ der damalige Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) durchblicken, dass für die Sanierung der Strohgäubahn nur in der kleinen Variante Zuschüsse fließen würden. Die Konsequenz: Weissach und Stuttgart wurden von der Strecke abgekoppelt. Der Bahnexperte Volkmer: „Das war eine Fehlentscheidung.“

Zwar sind seit einiger Zeit wieder Rufe vernehmbar, wonach die Strohgäubahn nach Feuerbach und Weissach fahren soll, allerdings bremst die Deutsche Bahn solche Forderungen wegen Stuttgart 21 bislang aus. Sie behauptet, dass es derzeit keine freien Kapazitäten gebe.

Dass das Leben im Dreiländereck zwischen Ludwigsburg, Böblingen und dem Enzkreis bisweilen Drehungen und Wendungen bereithält, ist für die Menschen in Weissach nicht ungewöhnlich. Wenn sie am kommenden Sonntag zur Bundestagswahl gehen, stehen auf dem Stimmzettel die Direktkandidaten für den Wahlkreis Ludwigsburg – und nicht für Böblingen.

Das Problem mit dem Wahlkreis Böblingen ist: Er gehört zu den größten in Deutschland, was dem Gesetzgeber ein Dorn im Auge ist. Er hat das Ziel, dass alle 299 Wahlkreise etwa gleich groß sind. Rechnet man die gut 5500 Wähler nun nach Ludwigsburg, kommt der Wahlkreis auf 219 000 stimmberechtigte Einwohner. In Böblingen sind es einige mehr.

Der Weissacher Bürgermeister Daniel Töpfer nimmt die Neuaufteilung sportlich. „Ich sehe darin keine Benachteiligung“, sagt er. Das empfinden längst nicht alle in Weissach so. Besonders Kommunalpolitiker sehen ihre Arbeit erschwert. Sie müssen, wenn ihre Ortsvereine neben Weissach auch Kommunen wie Renningen oder Rutesheim umfassen, für zwei Kandidaten um Stimmen werben. Der Liberale Jörg Schweikhardt: „Die Arbeit ist für uns schwieriger geworden.“

Hochburg der Union

Zünglein an der Waage wird die Porschegemeinde Weissach wohl nicht werden. Vor vier Jahren holte hier der Christdemokrat Clemens Binninger mit 54,3 Prozent der Stimmen das Direktmandat. In Ludwigsburg brachte es der Bundestagsabgeordnete und Parteifreund Steffen Bilger ebenfalls auf mehr als 50 Prozent.

Die Strohgäubahn bezeichnet der Ludwigsburger Bilger übrigens als Schienenprojekt seines Landkreises, das „für viele Berufspendler sehr wichtig ist“. In Weissach sind sie einen Schritt weiter. Die Gemeinde und der Kreis Böblingen haben der Württembergischen Eisenbahngesellschaft bereits vor vier Jahren die Infrastruktur zwischen dem Weissacher Bahnhof und der Gemarkungsgrenze bei Heimerdingen für 600 000 Euro abgekauft. Das Kalkül: Die Strecke zu sichern, wenn sie wieder ans Netz geht.