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Führung
Im Dunkeln wirkt das Schloss anders

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In der Ahnengalerie sind die porträtierten Herrschaften nur schemenhaft zu erkennen.Foto: Holm Wolschendorf
Schaurig-schöner Rundgang an wenig bekannte Orte im Residenzschloss Ludwigsburg – In der schummrigen Grotte gruselt es sich besonders

Ludwigsburg. Flackerndes Licht, modriger Geruch von feuchtem Stein und schwarzem Holz, knarrende Türen und knarzende Dielen: 32 Erwachsene haben am Mittwochabend eine Premiere mit der „Schaurig-schönen Führung im dunklen Schloss“ mit Laura Imprescia und Kerstin Frisch erlebt. Es mag einem spontan Halloween als passender Anlass in den Sinn kommen, doch das Erleben ist weniger schön-schaurig als schaurig-schön. „Vor allem bin ich gespannt, wie die Leute auf das Schloss reagieren. Wir kennen es ja – es wirkt im Dunkeln schon anders als tagsüber“, verrät Kerstin Frisch vorab.

 

Laternen mit flackernden Lichtern

 

Dass man auch schon zu Zeiten des Barocks eine Faszination fürs Gruseln pflegte, wie die Gäste erfahren, ist gut vorstellbar, erst recht, in geeignetem Rahmen. Imprescia und Frisch geleiten die Teilnehmer vorbei an der Statue des Schlosserbauers, Herzog Eberhard Ludwig von Württemberg, ins Dunkle. Laternen mit flackernden Lichtern säumen den Weg hinein in die vornehm illuminierte Grotte. Hier, im kühlen Gewölbe unter dem Marmorsaal, habe man früher gerne Sommerfeste gefeiert – und anderes. Die Gäste kichern. Auch Séancen hätten hier stattgefunden. Mit der Aufklärung, als man sich nicht mehr als Teil einer großen Masse, sondern als Individuum wahrgenommen habe, seien auch Gedanken an den Tod und an mögliche Überschneidungen der dies- und jenseitigen Welt aufgekommen. „Séancen sind schon im frühen 18. Jahrhundert modern. Man macht das auch nur, um sich zu gruseln und nicht, weil man einen Sinn dahinter sieht“, fügt Laura Imprescia an.

Die Teilnehmer bekommen einige Minuten Zeit, die Grotte auf eigene Faust zu entdecken. Nischen, schmale Gänge, die unvermittelt enden, Utensilien, die das Kopfkino in Gang bringen. „Eine Folterkammer?“, überlegt eine Frau beim Anblick eines rostigen Hakens an einer Kette, in der Kammer daneben liegt ein Beil. „Das sind schon tolle Gänge“, sagt jemand. Weiter geht‘s zur Ahnengalerie, wo die porträtierten Herrschaften nur schemenhaft zu erkennen sind, man sich durch das Schattenspiel aber eigenartig beobachtet fühlt.

Eine Reihe weiterer Stationen erwartet die Gäste, eine davon ist die Schlosskirche. 35 Särge befinden sich unter den Bohlen der Schlosskirche, aber auch oberirdisch auf den Kirchenbänken. Es ist einem nicht heimelig zumute. Allein der Altar ist schummrig beleuchtet, von den Fenstern der Seitenflügel und des Logenplatzes dringt trübes Licht herein. Ergänzend zu ihren Erzählungen reichen Frisch und Imprescia Bilder herum, eines zeigt einen Moment des Sezierens zur Konservierung. „Die Herrschaften wollten nicht an ihren Körperflüssigkeiten verfaulen“, sagt Laura Imprescia.

Die letzte Station ist der Weinkeller, wo eine urige Steintreppe hinab zu mannshohen Holzfässern führt. „Ist da noch Wein drin?“, fragt eine Besucherin nach – leider nicht. Die Ghosthunter, die 2011 hier forschten, sind längst weg, die „Weiße Frau“, die unheimliche Sagengestalt, ward nicht gesehen, und man muss auch keine gemeinen Schreckmomente fürchten. Die Teilnehmer blicken zumeist still-konzentriert in schummrige Winkel und Ecken, lauschen Geschichten und Legenden über Geister, blutige Schönheitselixiere und Totenrituale. Die wilden Effekte hätten sie bei der Konzeption nicht angestrebt, sagen die geschichtskundigen Frauen hinterher. „Wir haben bei der Vorbereitung gemerkt, Grusel passt einfach nicht zum Ludwigsburger Schloss“, so Imprescia.

 

Wer die schaurig-schöne Führung durch das Schloss erleben möchte, hat am 10. November um 18.30 Uhr noch eine Gelegenheit dazu und sollte sich am besten warm anziehen. Denn die Kälte zwischen den dicken Mauern sorgt für weniger schöne Schauer.