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Atomkraftwerk
Gegner fürchten um Sicherheit

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Derzeit vom Netz: Block II des Kernkraftwerks Neckarwestheim. Archivfoto: Alfred Drossel
Atomkraftgegner schlagen Alarm, die EnBW als Betreiberin sieht es gelassener: Die vor einigen Wochen festgestellten Schäden an Heizrohren der Dampferzeuger des GKN II hätten keine Auswirkungen auf die Sicherheit des Leistungsbetriebs. Die Ursache für die Risse sei gefunden und werde behoben.

Neckarwestheim. Wie berichtet, ist das GKN II seit einiger Zeit vom Netz. Denn während einer Revision bemerkten die Prüfer, dass bei einzelnen in den insgesamt vier Dampferzeugern verbauten Heizrohren die Rohrwände geschwächt sind (siehe Hintergrund). Um wie viele Rohre es sich genau handelt, teilt das Unternehmen auch auf Nachfrage nicht mit, sondern nur: „Die Anzahl der von den einzelnen Schwächungen betroffenen Heizrohre bewegt sich bei den insgesamt vier Dampferzeugern jeweils teils im einstelligen, teils im zweistelligen Bereich.“ Insgesamt 16 400 Heizrohre gebe es – jedes einzelne sei überprüft worden.

Die Anti-Atom-Organisation „Ausgestrahlt“ spricht von mehr als 100 Heizrohren, die gravierende Schäden aufweisen würden. Die Risse verliefen ringförmig um die Rohre. „Die Gefahr, dass derart beschädigte Rohre abreißen, ist besonders groß“, sagt Matthias Weyland von „Ausgestrahlt“. Zumal es sich offenbar um schnell voranschreitende Spannungsrisskorrosion handle. Schon vor einem Jahr seien im GKN II punkt- und muldenförmige Vertiefungen an zahlreichen Heizrohren festgestellt worden. Die AG Atomerbe Neckarwestheim meint: „Diese bisher unterschätzte Korrosion dort, wo zwischen Primär- und Sekundärkreislauf eine Druckdifferenz von 80 bar besteht, ist der Grund des derzeitigen Stillstands und bedeutet aus unserer Sicht einen faktischen Totalschaden des Atomkraftwerks.“

Die Rohrwände, die üblicherweise 1,2 Millimeter dick seien, sind laut Matthias Weyland an manchen Stellen nur noch 0,1 Millimeter dünn – „dass es in Neckarwestheim bislang nicht zu einem Heizrohrbruch und damit Störfall kam, ist bloßes Glück“.

Die EnBW hingegen betonte gegenüber unserer Zeitung, dass alle Heizrohre, die aus einer speziellen, sehr festen Legierung aus Eisen, Nickel und Chrom bestünden, eine ausreichende Restwanddicke aufweisen: „Aus diesem Grund gab es auch keine Auswirkungen auf die Sicherheit des Leistungsbetriebs.“ Mit der Aufsichtsbehörde – dem baden-württembergischen Umweltministerium – und einem unabhängigen Gutachter sei inzwischen ein Wartungskonzept abgestimmt worden. Die Rohre würden mit Stopfen unterschiedlicher Länge „dicht gesetzt“. Dadurch werde eine weitere Schädigung im Dampferzeuger vermieden.

Was die Heizrohre überhaupt geschädigt hat? „Vereinfacht ausgedrückt, haben chemische Prozesse, die bei der Untersuchung genau nachvollzogen werden konnten, zu den Schwächungen geführt“, teilt die Pressestelle lediglich mit. Diese chemischen Prozesse würden künftig so beeinflusst, dass sich die Schwächungen in dieser Form nicht wiederholen sollten. Bei der Revision 2019 würde dies durch umfangreiche Prüfungen erneut untersucht.

Nach Bekanntwerden der Schäden im September wurde die Revisionsdauer auf Mitte November geschätzt. Derzeit gebe es noch keinen Anlass, an der alten Abschätzung etwas zu ändern. Und, so die EnBW: „Das Wiederanfahren der Anlage nach einer Revision findet stets nur nach Zustimmung des Ministeriums statt.“

Info: Die Bürgerinitiative „Anti-Atom Ludwigsburg“ veranstaltet am Mittwoch, 21. Oktober, um 19.30 Uhr im Staatsarchiv Ludwigsburg eine Infoveranstaltung, bei der Diplom-Ingenieur Hans Heydemann den Dampferzeuger-schaden analysieren will. Der Eintritt ist frei.