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Filmpremiere
Ein Stadtporträt ganz ohne Barock

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Das Filmteam legte auch im Kunstzentrum Karlskaserne einen Zwischenstopp ein.Fotos: privat
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Ludwigsburg feiert sein 300-jähriges Stadtjubiläum im großen Stil. Die Filmakademie beteiligt sich mit dem Film „Stadtlücken“, der am Montagabend im Kino Caligari Premiere feierte. Regisseur Denis Pavlovic hat ein Stadtporträt erschaffen, in dem er auf jeglichen Barock verzichtet.

Ludwigsburg. Das Caligari-Kino ist rammelvoll. Viele Ludwigsburger interessieren sich für den Dokumentarfilm, der einen eher abseitigen Blick auf das städtische Leben in Aussicht stellt. Doch die Kapazität des Kinosaals ist begrenzt, viele Neugierige können keine Karte mehr ergattern. Spontan wird deshalb eine zweite Vorführung am späten Abend angesetzt.

Als er die Gäste begrüßt, freut sich Thomas Schadt über das rege Interesse – für den Direktor der Filmakademie ein Zeichen dafür, dass seine Institution in der Stadt angekommen ist. Nach der Premiere folgt ein weiterer Film mit lokalem Bezug: Die „Ludwigsburg Sinfonie“, die erstmals im Somer 2016 beim Klassik-Open-Air der Schlossfestspiele zu sehen war. Im Caligari-Kino wird die 42-minütige Produktion erstmals im Tonformat Dolby Atmos präsentiert.

 

Die Menschen stehen im Mittelpunkt

 

Regisseur Pavlovic, der das Konzept gemeinsam mit seinen Producern Tobias Gerginov und René Colling entwickelte, hat in seinem 46-minütigen Film bewusst nicht das barocke Stadtbild und andere Ludwigsburger Sehenswürdigkeiten, sondern die in der Stadt lebenden Menschen in den Mittelpunkt gestellt. Rund 90 000 Einwohner in einem Dokumentarfilm zu porträtieren, ist schlicht unmöglich, und so haben sich die Studenten zwangsläufig auf wenige Personen konzentriert.

Am Anfang steht, für Ludwigsburg nicht ganz untypisch, ein Verkehrschaos, auch wenn es sich um einen inszenierten Stau handelt. Auf dem Minikreisel in der Lindenstraße geht nichts mehr, die Nerven liegen blank. Einzig eine fiktive Ludwigsburger Stadtplanerin, dargestellt von Sabine Winterfeldt, bleibt entspannt: Sie setzt sich einfach auf ihr Elektrofahrrad und nimmt die Zuschauer mit auf eine Erkundungstour.

Zwischenstopps werden bei einem Staatsanwalt der Zentralen Stelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen, einem DJ in der Rockfabrik, einem Robotik-Forscher im Urban Harbor, einem Künstler im Kunstzentrum Karlskaserne und bei „Gala-Con“ im Forum eingelegt. Diese Veranstaltung hat geradezu magnetische Wirkung auf Liebhaber der Animationsserie „My little Pony“. Die „Gala-Con“ ist europaweit die größte ihrer Art und lockt seit einigen Jahren Pony-Liebhaber aus aller Welt an.

 

Das Schloss taucht im Film gar nicht auf

 

Das Filmteam hat sich auf die Protagonisten eingelassen und zeigt – so der Anspruch des Filmteams – Ludwigsburger, die ihrem Alltagsgeschäft eher unbeachtet von der breiten Öffentlichkeit nachgehen. „Uns war wichtig, die Menschen in den Vordergrund zu stellen – an Orten, die man sonst nicht so intensiv realisiert“, erläutert der Regisseur. Die stadtbildprägende Barockresidenz ist kein einziges Mal zu sehen. „Es ging uns darum, die Menschen hinter den Orten zu zeigen“, so der Regisseur.

So ganz kann der Anspruch nicht eingelöst werden. Immerhin wurden am Ende durchaus in der Öffentlichkeit stehende Protagonisten und Orte ausgewählt. Dass etwa die Kunst in der Karlskaserne in voller Blüte steht, ist alles andere als ein Geheimnis. Die Arbeit der Zentralen Stelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen wird nicht nur in Deutschland, sondern weltweit aufmerksam zur Kenntnis genommen. Und die Pony-Party im Forum zog nach Angaben des Veranstalters immerhin 1300 Besucher an.

DJ Eddy beschallt Headbanger in der Rockfabrik seit Jahrzehnten mit harten Klängen. Neben dem Schloss und dem Weihnachtsmarkt sei die Rofa eines der bekanntesten Ludwigsburger Aushängeschilder, meint der DJ. Dass sich die Rockfabrik im schnelllebigen Clubgeschäft so lange halten konnte, erklärt sich Eddy mit den spezifischen örtlichen Gegebenheiten. „In einer Großstadt würde das gar nicht funktionieren. Aber wir sind hier in einer Kleinstadt, da werden die Traditionen gepflegt.“

Unter dem Strich hat das Team dennoch einen sehenswerten Beitrag zum 300-jährigen Stadtjubiläum geliefert. Die Filmstudenten beweisen, dass sie ihr Handwerk beherrschen und porträtieren ihre Protagonisten feinfühlig. So setzt sich kaleidoskopartig das Bild einer Stadt zusammen, in der sich Menschen selbst verwirklichen und auf ganz unterschiedlichen Ebenen kreativ sind. Auch Filmakademiedirektor Schadt zeigt sich angetan. Von der Leistung seiner Studenten, aber auch von der Stadt Ludwigsburg selbst. „Es ist eine offene und liberale Stadt“, sagt Schadt. „Das brauchen wir mehr, wenn man dieser Tage in andere Städte schaut.“